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Im „Geisterkrieg“. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine als „Weltgericht“ (Hegel)

Im „Geisterkrieg“

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine als „Weltgericht“ (Hegel)1)Dieser Artikel, der im März 2022 aus Anlass dieser Diskussionsrunde zum Thema entstand, ist angeregt von meinem intellektuellen Austausch mit meinem ukrainischen Kollegen Vitalii Mudrakov, mit dem zusammen ich kurz vor dem Krieg den Aufsatz Eine Revolution der Selbstüberwindung. Friedrich Nietzsche und die ukrainische Transformation verfasste, der in der kommenden Ausgabe der Nietzscheforschung erscheinen soll. In diesem Text argumentieren wir, dass es sich bei der in Deutschland nach wie vor, die Propaganda des Kremls aufgreifend, als „Putsch“ diffamierte „Orangene Revolution“ (2004/5) und den Maidan-Aufstand (2013/14) um echte revolutionäre Ereignisse handelte, die mit einer „Umwertung der Werte“ im Sinne Nietzsches führten: Weg von den Werten der „russischen Welt“, d. h. gelebter Korruption und Knechtschaft, hin zu gelebter Freiheit und Würde. Wie sich im Folgen zeigen wird, leugne ich nicht, dass es faschistische Tendenzen auch innerhalb der ukrainischen Bevölkerung gibt und dass dort der Westen oftmals sehr naiv betrachtet wird. Doch dies scheint mir nicht die herrschende Tendenz dieser Bewegung zu sein, die heute im Freiheitskampf gegen die russische Okkupation kulminiert.

 

I. Einleitende Gespensterkunde

Beim furchtbaren Angriffskrieg gegen die Ukraine, der sich zugleich immer mehr als rücksichtlos geführter Vernichtungskrieg gegen das ukrainische Volk entpuppt, haben wir es in einem doppelten Sinne mit einem „Geisterkrieg“2)Ich übernehme diese Metapher von Nietzsche, der in Ecce homo schreibt: „Der Begriff Politik ist dann gänzlich in einen Geisterkrieg aufgegangen, alle Machtgebilde der alten Gesellschaft sind in die Luft gesprengt – sie ruhen allesamt auf der Lüge: es wird Kriege geben, wie es noch keine auf Erden gegeben hat. Erst von mir an giebt es auf Erden grosse Politik“ (Ecce homo. Wie man wird, was man ist. In: Studienausgabe Bd. 6. München 1999, S. 255–374; 366; Schicksal 1). zu tun. Zum einen bewahrheitet sich in ihm erneut Guy Debords These von der „Gesellschaft des Spektakels“ und Baudrillards vom „Simulacrum“. Ich möchte nicht behaupten, dass dieser Krieg nicht stattfinden würde und habe ja bereits eingangs deutlich gemacht, um was für einen Krieg es sich handelt. Dennoch kann der geradezu surreale Charakter dieses Krieges kaum geleugnet werden. Niemand sah ihn kommen, niemand weiß, was dort in der fernen Ukraine eigentlich gerade vor sich geht und niemand vermag zu prognostizieren, wie es jetzt weitergeht. Es ist ein Krieg der Propagandaagenturen, die alles versuchen, um den Gegner besonders monströs, die eigenen Opfer möglichst gering, die eigenen Siege möglichst großartig erscheinen zu lassen. Zwischen den Lügen und Desinformationen ist es unendlich schwer, glaubwürdige Fakten zu erkennen.

Doch selbst diese Fakten stehen nicht für sich, sondern werden sofort einsortiert in die Schemata ideologischer Interpretationen, Kriegsmaschinen des Geisterkrieges, die die wenigen verbürgten Tatsachen sofort in Geschosse der eigenen Sache verwandeln. Es sind drei hauptsächliche militärisch-ideologische Komplexe, die hier vor allem ihr Unwesen treiben. Der Krieg zeigt deutlich: Wir leben in gewisser Weise schon lange nicht mehr in einer gemeinsamen geteilten Welt. Wir haben es mit drei Welten zu tun, die jeweils von einer fundamental unterschiedenen Ontologie und normativen Ordnung getragen sind, die sich unvereinbar gegenüberstehen. Jede dieser Geisterwelten oder auch Weltgeister beansprucht absolute Gültigkeit und während in der banalen Realität die Soldaten und die Zivilisten kämpfen und sterben, erhebt sich darüber und darunter, ihr Treiben gleichsam spirituell umwehend, eine womöglich entscheidendere Schlacht, die das Schicksal der Menschheit für die kommenden Dekaden entscheiden wird. Wir sollten daher nichts unversucht lassen, um ein wenig Gespensterkunde zu betreiben: Mit welchen Weltgeistern haben wir es zu tun? Was sind die Formeln, mit denen sie sich beschwören oder auch austreiben lassen? Was sind die bösen Geister und was die guten?

 

II. Das Reich des Leviathan

Den ersten dieser drei Geister möchte ich auf den Namen „Leviathan“ taufen, dem Seeungeheuer der altjüdischen Mythologie3)Thomas Hobbes konzipierte den bürgerlichen Staat als allmächtigen „Leviathan“, der selbst noch im religiösen Bereich die höchste, nahezu absolute Autorität besitzen müsse. Der heutige Leviathan steht in seinen Fußstapfen, insofern er beansprucht, eine globale Ordnungsmacht zu sein, die dem „unzivilisierten“ Urzustand des „Kriegs aller gegen alle“ ein Ende bereitet. In Wahrheit perpetuiert diese diktatorische Weltpolizei den Urzustand jedoch nur.. Es handelt sich um den Geist derjenigen Welt, die Hardt und Negri einst als das „Empire“ beschrieben, die liberal-demokratische globale „Zivilgesellschaft“, das „Europa der Krämer“, von dem Camus in Der Fall spricht, die Welt derjenigen, die noch immer meinen, am „Ende der Geschichte“4)Vgl. Francis Fukuyamas an Hegel und Kojève anknüpfendes Essays Das Ende der Geschichte? (übersetzt von Alexander Görlitz und Paul Stephan. Hg. v. d. Halkyonischen Assoziation für radikale Philosophie. Leipzig 2022). angekommen zu sein, mitten in demjenigen, was Bataille als die kapitalistische „Homogenität“ beschrieb5)Vgl. Die psychologische Struktur des Faschismus. In: Die psychologische Struktur des Faschismus / Die Souveränität. Übers. v. Rita Bischof e. a. Hg. v. Elisabeth Lenk. München 1978, S. 7–43.

Merkel hat mit ihrem nun oft zitierten Ausspruch, Putin lebe in einer anderen Welt, die ontologische Kluft zwischen dieser Welt und dem, was gerade in der Ukraine geschieht, trefflich auf den Punkt gebracht. Entsprechend beklagt man sich nun darüber, dass Putin zu einer längst überwundenen, vergangenen Welt der Nationalstaaten und Reiche zurückkehren wolle.

Aus der Sicht der Bürger dieser Welt gibt es eigentlich keinen Krieg, denn der Krieg wurde ja bereits vor Jahrzehnten abgeschafft. Was es gibt, ist ein Verbrechen, das durch die geeinte Anstrengung aller Gutwilligen nun gesühnt werden muss. Freilich darf gegen den Verbrecher selbst kein Verbrechen verübt werden. Man versucht ihn, mit der einzigen Sprache zu erreichen, die der Leviathan kennt: dem „Brecheisen der Macht“6)Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen. Studienausgabe Bd. 4. München 1999, S. 63; I, Vom neuen Götzen., Geld.

In der Tat demonstriert dieser Krieg das endgültige Ende des „Empire“. Die Maske ist nun endgültig gefallen, die Heuchelei ist offensichtlich geworden. Der Leviathan hatte schon immer zwei Gesichter: Einmal die offiziellen Reden von Völkerrecht, Friede und Welthandel, einmal das brutale Geschacher und die eigene Aufrüstungs- und Expansionspolitik, für die Nietzsche wenige Jahrzehnte vor dem Ersten Weltkrieg die Formel vom „bewaffnete[n] Friede[n]“7)Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister. München 1999, S. 679; II, Wanderer 284. fand. In Wahrheit waren die Welt Merkels und die Welt Putins nur zwei Zugänge zu ein- und derselben Welt: Der Welt des „Willens zur Macht“ und des Kampfes um Ressourcen und Rohstoffwege. Früher Öl, heute Gas. Frieren für Freiheit und Frieden wird dem Menschenmaterial daheim empfohlen, die Kollateralschäden hungernder und unterdrückter Menschen von Sankt Petersburg bis Wladiwostok billigend in Kauf genommen. Es ist unverändert wahr, was der Zeuge von zwei Weltkriegen schrieb: „Die Lanzen werden erst sicher zu Pflugscharen, sobald der Boden, worüber der Pflug geht, allen gehört; keine Stunde früher, keine später. Kapitalistischer Friede ist ein Paradox, das mehr als je Furcht verbreitet und das den Völkern auferlegt, die Sache des Friedens aufs äußerste, aufs angestrengteste zu verteidigen“8)Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt a. M. 1976, S. 1053.

Die nun angekündigte Aufrüstungsorgie ähnelt den Leviathan immer mehr seinem vermeintlichen Erzfeind an, der doch in Wahrheit stets nur sein monströserer, weniger subtiler Zwilling war: dem Ungeheuer des Landes, dem Behemoth9)Auch diese Bezeichnung entnehme ich der altjüdischen Tradition. Diese Metapher erscheint mir vor allem deswegen angebracht, weil wir es hier tatsächlich um einen Konflikt zwischen der Seemacht der USA und der Landmacht Russlands im Sinne der klassischen Geostrategie zu tun haben, wie sie für die Strategen beider Lager nach wie vor handlungsleitend ist. Franz Neumann, ein Politologe aus dem Umfeld der älteren Frankfurter Schule, verwendete diese Metapher in seinem Werk Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933–1944 (Hamburg 2018) zur Charakterisierung des nationalsozialistischen „Unstaats“, der offenkundige Parallelen zur heutigen russischen Oligarchie aufweist..

 

III. Das Reich des Behemoth

Behemoth beherrscht weit mehr als bloß Russland. Es handelt sich mittlerweile um eine globale politische und ideologische Bewegung, ein Gegen-Empire, das dem nihilistischen, „materialistischen“ und heuchlerischen Liberalismus des Westens mit „echten Werten“ und einer Rückkehr zu „authentischen Ursprüngen“ konfrontiert. Es entspricht der faschistischen „Heterogenität“, von der Bataille sprach10) Siehe Fn. 5., und rekurriert nicht zufällig – man betrachte nur die Schriften Alexander Dugins, des gegenwärtig wohl klarsten und entschiedensten Propheten Behemoths – auf dieselben geistigen Quellen wie der historische Faschismus. Putin ist heute der Held all jener, die die Dekadenz und Selbstgefälligkeit des Westens satt haben und endlich wollen, dass die Masken fallen. Sie bewundern den Kraftmenschen, der ohne Phrasen von „Menschenrechten“ und „Völkerrecht“ endlich einmal wieder die Raketen schwirren lässt. Sie wollen eine „multipolare Weltordnung“, die an die Stelle der US-Hegemonie treten soll, und in concreto erst recht ein permanenter „Krieg aller gegen alle“ wäre.

Man sollte in dem Denken Dugins und der Rhetorik Putins nicht nur einen ideologischen „Überbau“ erblicken, sondern ein sehr reales und wirkmächtiges Denkkonstrukt, das die wirkliche Praxis nicht nur der russischen Politik, sondern des gesamten Reiches Behemoths bestimmt.11)Wie wichtig Philosophen in der gegenwärtigen Situation als Offiziere im Krieg der Propagandaagenturen sind, zeigt schlagend der Mordanschlag, der wohl Dugin galt und dem seine Tochter Darya. Wann hat man seit den Ketzerverbrennungen des Mittelalters dergleichen erlebt? Beweist er eine neue Vitalität der Philosophie – oder im Gegenteil, dass die Philosophie mittlerweile derart prophanisiert worden ist, dass Denker wie Journalisten und politische Agitatoren behandelt werden? Der Philosoph ist kein heiliger, unberührbarer Mensch mehr, der mit den „Geistern des himmlischen Bereichs“ (Paulus/Žižek) kommuniziert und dessen Ermordung deshalb unvorstellbar ist, sondern ein Kombattant wieder jeder andere. Niemand wird bestreiten, dass Dugin und seine Tochter, die ja ebenfalls publizistisch tätig war, für unglaubliche Hetze verantwortlich sind – „Töten, töten, töten“ verkündete Dugin vom Katheder 2015 –, doch zugleich bereitet es Sorgen, dass in der gegenwärtigen Situation nicht einmal mehr die Philosophen vor dem Terror aller Lager geschützt sind. Selbst ihre Narrenfreiheit ist suspendiert, es gibt nichts mehr zu lachen; doch wo das Lachen verstummt, endet auch das Begreifen. Wer, wenn nicht der Narr darf aber ein Teufel sein? Auf dieser Grundlage wird zweierlei verständlich: 1) Es handelt sich auch aus der Perspektive Behemoths um keinen Krieg. Wie könnte Russland gegen die Ukraine einen Krieg führen, wo doch die Ukraine eigentlich schon immer Teil Russlands gewesen ist? 2) Der Behemoth konfrontiert den Leviathan gerade mit einem klassischen double bind: Entweder belässt es der Leviathan bei seinem Wirtschaftskrieg; doch dann wird er den Behemoth nicht besiegen, sofern dieser seiner eigenen Logik treu bleibt. Denn der Leviathan kennt als einzigen, letzten Wert nur das Geld – der Behemoth aber kennt auch noch andere Werte aus der Zeit, die dem „Ende der Geschichte“ vorausging. Ob in Kuba12)Kuba gehört zwar aus ökonomischer Notwendigkeit heraus dem Reich des Behemoth an, scheint mir jedoch das vielleicht letzte Land zu sein, das einem vierten Weltgeist entspricht: der Janus-köpfigen sozialistischen Welt, die in sich ungeheure „Möglichkeiten des Lichts“ (Bloch) mit tiefsten Abgründen der Inhumanität kreuzte, deren Opfer insbesondere auch das ukrainische Volk wurde. In Putins Reich erblicken wir in der Tat eine „Wiederkunft“ der Sowjetunion, doch allerdings nur ihrer „satanischen“ Züge, bar jedes höheren Hoffnungsgehalts. Dass den enttäuschten Völkern der Sowjetrepubliken jede Perspektive auf einen demokratischen Sozialismus – wie er in den 80ern und 90ern sowohl in Russland als auch in der Ukraine von vielen erstrebt wurde – verbaut wurde und in der Folge nur noch putinistischer Zynismus und naive „Westlerei“ übrigblieben, ist eine der entscheidenden tieferen Ursachen für die gegenwärtige Misere. Wie tief das kommunistische Projekt in seiner alten Heimat mittlerweile gesunken ist, bezeugt die unrühmliche Zustimmung der KPRF zum Angriffskrieg., in Nordkorea oder im Iran: Nirgendwo konnten selbst massive Wirtschaftssanktionen ein von einer sakralisierten Politik bestimmtes Regime stürzen; im Gegenteil führten sie nur dazu, die Getreuen noch stärker zusammenzuschweißen und das Regime in seinen Methoden noch brutaler werden zu lassen. Um den Behemoth wirklich zu bezwingen, müsste der Leviathan sich aufs Land gegeben. Er will sich nun verstärkt darum bemühen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen kann das niemand wollen, denn dieser „Sieg“ würde nur die wechselseitige Auslöschung der beiden Untiere und damit auch das Ende der Menschheit bedeuten. Freilich hat ja auch niemand diesen Krieg kommen sehen …

 

IV. Das Reich des „Weltvolks“: Ziz

Es gibt jedoch noch einen dritten Geist, den wir hier und heute am Wirken sehen. Ich nenne ihn Ziz, den Geist des Himmels und der Vögel, den Freiheitsgeist.13)Dieser dritte große Elementargeist der altjüdischen Tradition ist weit weniger bekannt. In der neueren Philosophie war Nietzsche, der die „Vogel-Weisheit“ dieses Dämons am besten beschrieb (vgl. Also sprach Zarathustra, S. 291; III, sieben Siegel 7). Ziz steht für die „wirkliche Bewegung, die den bestehenden Zustand aufhebt“ (Marx/Engels), die sich in den Kämpfen dessen, was man einst „Proletariat“ nannte, und das man heute „Weltvolk“ nennen sollte, um dem Absterben des traditionellen Proletariats gerecht zu werden. Sein Reich entspricht demjenigen, was Hardt und Negri einst als die „Multitude“ bezeichneten. Ich selbst würde vorschlagen, vom „Weltvolk“ zu sprechen: Weder die gesichtslose „Heerde“14)„Kein Hirt und Eine Heerde! Jeder will das Gleiche, Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in’s Irrenhaus“ (Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, S. 20; I, Vorrede 5) der „Zivilgesellschaft“ noch die „Ethnien“ der neuen vertikalen Mythologien, sondern das konkrete, globale Weltvolk, das im Augenblick auf der ganzen Welt auf die Straßen geht.15)Man könnte, um Missverständnisse zu vermeiden, sogar vom „Weltpöbel“ sprechen, doch ich denke, es ist klüger, sich den Begriff des „Volkes“ wieder von links anzueignen anstatt ihn kampflos den Rechten zu überlassen. Ich möchte mit meiner Verwendungsweise an das „neue Volk“ anknüpfen, von dem Gustav Landauer sprach. Es hat erkannt, dass es sich weder um ein „Verbrechen“, jedenfalls kein Verbrechen im Sinne Leviathans, noch um eine Militäroperation zur Wiedervereinigung Russlands handelt, sondern um einen echten Krieg. Ein Krieg, der vor allem eines muss: aufhören. Das Weltvolk will keinen Krieg und auch nicht den „bewaffneten Frieden“ Leviathans: Es will echten Frieden und Abrüstung. Es will keinen Wirtschaftskrieg. Die Angehörigen des Weltvolks glauben heute weniger denn je die demaskierte Lüge vom „Ende der Geschichte“ noch die Lüge von einer „multipolaren Weltordnung“, deren Vorschein wir gerade erfahren – es weiß, dass die Geschichte erst zu einem Ende käme in einer Welt, in der es wirklich keine Kriege mehr gäbe. In der weltweiten, beeindrucken, heroischen Solidarität mit dem ukrainischen Volk und in dem nicht minder heroischen Widerstand dieses Volkes gegen die monströse Invasion der Söldner Behemoths erblicken wir den Vorschein einer solchen Welt, aber auch in den Protesten auf dem Boden des „heiligen Russland“ selbst.

Die Kernziele dieser neuen globalen Friedensbewegung müssen sein, ein sofortiges Ende nicht nur des bewaffneten Krieges, sondern auch des nicht minder brutalen Wirtschaftskriegs zu fordern sowie ein ernsthaftes Bemühen um globale Abrüstung. Die Minimalforderung dieser Bewegung muss sein, dass alle Kriegsflüchtlinge ohne Vorbehalte in die westlichen Staaten aufgenommen werden.

Ein globaler Generalstreik in allen Ländern wäre ein geeignetes Mittel, um die beiden bösen Geister daran zu erinnern, auf welchem Boden sie in Wirklichkeit stehen und was ihnen ihre Kraft verleiht.16)Dass diese Idee keinesfalls „fix“ oder gar „naiv“ ist, zeigen die entsprechenden Bewegungen in Frankreich und Großbritannien und die Massendesertationen in Russland. Der Zynismus unserer Intellektuellen basiert auf einer veralteten Ontologie, über die die Jünger des Ziz nur herzlich lachen können.

Die größte der Gefahr der westlichen Linken besteht im Augenblick darin, den Fehler von 1914 zu wiederholen und eine neue Welle der Aufrüstung abzunicken. Auch die Gefahr des ukrainischen Volkes ist es, einen Kampf auf einem Spielfeld zu führen, dessen Regeln der Gegner definiert und auf dem es nur verlieren kann. Zugleich wird ihm nun schlagartig bewusst, dass es sich auf das „Europa der Krämer“ nicht verlassen kann. Das ukrainische Volk sollte ein anderes Spielfeld betreten, das jenseits beider Wertordnungen liegt und es zum Sieger machen könnte: Es könnte die Waffen niederlegen und militärisch kapitulieren, um den Tod weiterer zehntausender Zivilisten zu verhindern; doch zugleich dürfte es politisch und kulturell nicht kapitulieren, sondern seinen Kampf um demokratische Selbstbestimmung und ein Leben in Freiheit unvermindert fortsetzen in Form von Akten des zivilen Ungehorsams. Setzte Putin den militärischen Kampf unter diesen Umständen fort, würde ihn das noch weiter delegitimieren und die Moral seiner Truppe wie seinen Rückhalt in der russischen Bevölkerung noch weiter schwinden lassen. Er wäre gezwungen, selbst einen politischen und kulturellen Kampf zu führen – doch wie sollte es ihm gelingen, einen solchen Kampf zu gewinnen angesichts des fortgesetzten ökonomischen Drucks des Westens und der offensichtlichen Korrumpiertheit des eigenen Systems?

So, wie es ihm bereits gelungen ist, den korrupten Präsidenten Janukowitsch mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams zu vertreiben, dürfte das vereinigte ukrainische Volk auch jeden künftigen Statthalter von Putins Gnaden verjagen können. Das Ziel dieses Kampfes kann nun, da der Verrat offensichtlich geworden ist, nun aber erst recht nicht mehr sein, dem noblen Club des „Europas der Krämer“ beizutreten, das sich nun über den Zustrom billiger Arbeitskräfte und das Ausschalten eines wichtigen wirtschaftlichen Konkurrenten freut. Von einem nicht mehr von den Dämonen Behemoths verwirrtem Kampf um echte Freiheit und Selbstbestimmung des ukrainischen Volkes könnte ein Impuls ausgehen für eine echte Rückbesinnung auf seine Werte und Hoffnungen: Im Sinne von Nietzsches Vision der „guten Europäer“17)Vgl. meine kritische Auseinandersetzung mit diesem Konzept in Das Problem Europa. Überlegungen mit Friedrich Nietzsche. In: Andreas H. Apelt, Eckhard Jesse & Evelyna Schmidt (Hg.): Wohin strebt Europa? Halle 2019, S. 124–132. sollte es endlich alle imperialen Ambitionen endgültig begraben und den „bewaffneten Frieden“ durch einen wahr-, nicht wehrhaften ersetzen. Hat Europa den Mut dazu, sich aus dem Bann der Dämonen des Wassers und denen der Erde zu befreien, und in den Himmel zu sehen, wo die Geister der Freiheit rufen? Wenn es ihn nicht aufzubringen vermag, droht ihm die endgültige Selbstvernichtung.

 

V. Vielleicht eine Ostergeschichte

Wir Westeuropäer gleichen heute dem Protagonisten von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte. Wir werden durch den terroristischen Angriffskrieg eines korrupten und verlogenen Regimes gegen ein Volk, das nach Freiheit und Würde strebt, aus unserem ordinären Schlummer gerissen und mit unserer eigenen Realität konfrontiert. Behemoth ist der Geist unserer eigenen Vergangenheit, die wir für erledigt hielten, die wir jedoch noch immer sind und wieder werden könnten. Leviathan ist unsere Gegenwart: Das Europa der Krämer, das sich in die schamvolle Situation der ökonomischen Erpressbarkeit begeben und das ukrainische Volk verraten und verkauft hat. Dieses Europa sucht nun nach neuen Handelsmöglichkeiten, um mit seinem Geld die Waffen für die nächsten Angriffskriege zu finanzieren. Der Geist der Zukunft zeigt uns einen zerstörten Kontinent, vom Atomkrieg verwüstet, eine Sammlung von Ruinen großer Hoffnungen, die sich als nichtig erwiesen. Doch der Vogelgeist der Freiheit, dem Phoenix verwandt, zeigt uns den Ausweg! Ergreifen wir diesen veritablen Alptraum als Chance! Hören wir auf, ein Kontinent der Krämer zu sein, deren größte Angst fallende Aktienkurse und steigende Gaspreise sind, und verstehen wir der Versuchung, wieder ein Kontinent der trunkenen Krieger zu werden. Lernen wir wieder die „schenkende Tugend“18)Vgl. Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, S. 97–102; I, Von der schenkenden Tugend., werden wir, wie es einst einer der letzten aufrechten Sozialdemokraten dem deutschen Volk ins Stammbuch schrieb, ein Kontinent der „guten Nachbarn“.

Diese Nachbarschaft bedeutet, einem Wort Nietzsches folgend19)„Wir müssen wieder gute Nachbarn der nächsten Dinge werden und nicht so verächtlich wie bisher über sie hinweg nach Wolken und Nachtunholden hinblicken“ (Menschliches, Allzumenschliches, S. 551; II, Wanderer 16)., nicht auf die „großen Erzählungen“ vom „Ende der Geschichte“ oder von der „multipolaren Weltordnung“ hereinzufallen, sondern sich, wie der glühende Pazifist Nietzsche, auf das zu besinnen, was jeder weiß, „[d]er ackert und [d]er sät“20)Vgl. Jewgeni Jewtuschenkos vertontes Gedicht Meinst du, die Russen wollen Krieg?, das heute – gerade auch angesichts der Verhetztheit guter Teile des russischen Volkes – so unerträglich traurig stimmt.: Krieg und Aufrüstung nützen immer nur den Mächtigen, das Volk muss immer darunter leiden:

Man mache einen Überschlag: es liegt nicht nur auf der Hand, dass die deutsche Cultur niedergeht, es fehlt auch nicht am zureichenden Grund dafür. Niemand kann zuletzt mehr ausgeben als er hat – das gilt von Einzelnen, das gilt von Völkern. Giebt man sich für Macht, für grosse Politik, für Wirthschaft, Weltverkehr, Parlamentarismus, Militär-Interessen aus, – giebt man das Quantum Verstand, Ernst, Wille, Selbstüberwindung, das man ist, nach dieser Seite weg, so fehlt es auf der andern Seite.21)Friedrich Nietzsche: Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt. In: Studienausgabe Bd. 6. München 1999, S. 55–161; 106; Deutschen 4.

Im Geiste Lenins und Luxemburgs kann die heutige Linke wie einst daher nur eine Haltung einnehmen: Diejenige eines militanten Pazifismus, der weiß, dass der „Feind im eigenen Land“ steht. Nietzsche hat die Programmatik eines solchen militanten Pazifismus in bis heute gültiger Form artikuliert:

Sich wehrlos machen, während man der Wehrhafteste war, aus einer Höhe der Empfindung heraus, – das ist das Mittel zum wirklichen Frieden, welcher immer auf einem Frieden der Gesinnung ruhen muss: während der sogenannte bewaffnete Friede, wie er jetzt in allen Ländern einhergeht, der Unfriede der Gesinnung ist, der sich und dem Nachbar nicht traut und halb aus Hass, halb aus Furcht die Waffen nicht ablegt. Lieber zu Grunde gehen, als hassen und fürchten, und zweimal lieber zu Grunde gehen, als sich hassen und fürchten machen, – diess muss einmal auch die oberste Maxime jeder einzelnen staatlichen Gesellschaft werden! – Unsern liberalen Volksvertretern fehlt es, wie bekannt, an Zeit zum Nachdenken über die Natur des Menschen: sonst würden sie wissen, dass sie umsonst arbeiten, wenn sie für eine „allmähliche Herabminderung der Militärlast“ arbeiten. Vielmehr: erst wenn diese Art Noth am grössten ist, wird auch die Art Gott am nächsten sein, die hier allein helfen kann. Der Kriegsglorien-Baum kann nur mit Einem Male, durch einen Blitzschlag zerstört werden: der Blitz aber kommt, ihr wisst es ja, aus der Wolke –und von der Höhe. –22)Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches, S. 678 f.; II, Wanderer 284.

Fußnoten

Fußnoten
1 Dieser Artikel, der im März 2022 aus Anlass dieser Diskussionsrunde zum Thema entstand, ist angeregt von meinem intellektuellen Austausch mit meinem ukrainischen Kollegen Vitalii Mudrakov, mit dem zusammen ich kurz vor dem Krieg den Aufsatz Eine Revolution der Selbstüberwindung. Friedrich Nietzsche und die ukrainische Transformation verfasste, der in der kommenden Ausgabe der Nietzscheforschung erscheinen soll. In diesem Text argumentieren wir, dass es sich bei der in Deutschland nach wie vor, die Propaganda des Kremls aufgreifend, als „Putsch“ diffamierte „Orangene Revolution“ (2004/5) und den Maidan-Aufstand (2013/14) um echte revolutionäre Ereignisse handelte, die mit einer „Umwertung der Werte“ im Sinne Nietzsches führten: Weg von den Werten der „russischen Welt“, d. h. gelebter Korruption und Knechtschaft, hin zu gelebter Freiheit und Würde. Wie sich im Folgen zeigen wird, leugne ich nicht, dass es faschistische Tendenzen auch innerhalb der ukrainischen Bevölkerung gibt und dass dort der Westen oftmals sehr naiv betrachtet wird. Doch dies scheint mir nicht die herrschende Tendenz dieser Bewegung zu sein, die heute im Freiheitskampf gegen die russische Okkupation kulminiert.
2 Ich übernehme diese Metapher von Nietzsche, der in Ecce homo schreibt: „Der Begriff Politik ist dann gänzlich in einen Geisterkrieg aufgegangen, alle Machtgebilde der alten Gesellschaft sind in die Luft gesprengt – sie ruhen allesamt auf der Lüge: es wird Kriege geben, wie es noch keine auf Erden gegeben hat. Erst von mir an giebt es auf Erden grosse Politik“ (Ecce homo. Wie man wird, was man ist. In: Studienausgabe Bd. 6. München 1999, S. 255–374; 366; Schicksal 1).
3 Thomas Hobbes konzipierte den bürgerlichen Staat als allmächtigen „Leviathan“, der selbst noch im religiösen Bereich die höchste, nahezu absolute Autorität besitzen müsse. Der heutige Leviathan steht in seinen Fußstapfen, insofern er beansprucht, eine globale Ordnungsmacht zu sein, die dem „unzivilisierten“ Urzustand des „Kriegs aller gegen alle“ ein Ende bereitet. In Wahrheit perpetuiert diese diktatorische Weltpolizei den Urzustand jedoch nur.
4 Vgl. Francis Fukuyamas an Hegel und Kojève anknüpfendes Essays Das Ende der Geschichte? (übersetzt von Alexander Görlitz und Paul Stephan. Hg. v. d. Halkyonischen Assoziation für radikale Philosophie. Leipzig 2022).
5 Vgl. Die psychologische Struktur des Faschismus. In: Die psychologische Struktur des Faschismus / Die Souveränität. Übers. v. Rita Bischof e. a. Hg. v. Elisabeth Lenk. München 1978, S. 7–43.
6 Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen. Studienausgabe Bd. 4. München 1999, S. 63; I, Vom neuen Götzen.
7 Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister. München 1999, S. 679; II, Wanderer 284.
8 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt a. M. 1976, S. 1053
9 Auch diese Bezeichnung entnehme ich der altjüdischen Tradition. Diese Metapher erscheint mir vor allem deswegen angebracht, weil wir es hier tatsächlich um einen Konflikt zwischen der Seemacht der USA und der Landmacht Russlands im Sinne der klassischen Geostrategie zu tun haben, wie sie für die Strategen beider Lager nach wie vor handlungsleitend ist. Franz Neumann, ein Politologe aus dem Umfeld der älteren Frankfurter Schule, verwendete diese Metapher in seinem Werk Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933–1944 (Hamburg 2018) zur Charakterisierung des nationalsozialistischen „Unstaats“, der offenkundige Parallelen zur heutigen russischen Oligarchie aufweist.
10 Siehe Fn. 5.
11 Wie wichtig Philosophen in der gegenwärtigen Situation als Offiziere im Krieg der Propagandaagenturen sind, zeigt schlagend der Mordanschlag, der wohl Dugin galt und dem seine Tochter Darya. Wann hat man seit den Ketzerverbrennungen des Mittelalters dergleichen erlebt? Beweist er eine neue Vitalität der Philosophie – oder im Gegenteil, dass die Philosophie mittlerweile derart prophanisiert worden ist, dass Denker wie Journalisten und politische Agitatoren behandelt werden? Der Philosoph ist kein heiliger, unberührbarer Mensch mehr, der mit den „Geistern des himmlischen Bereichs“ (Paulus/Žižek) kommuniziert und dessen Ermordung deshalb unvorstellbar ist, sondern ein Kombattant wieder jeder andere. Niemand wird bestreiten, dass Dugin und seine Tochter, die ja ebenfalls publizistisch tätig war, für unglaubliche Hetze verantwortlich sind – „Töten, töten, töten“ verkündete Dugin vom Katheder 2015 –, doch zugleich bereitet es Sorgen, dass in der gegenwärtigen Situation nicht einmal mehr die Philosophen vor dem Terror aller Lager geschützt sind. Selbst ihre Narrenfreiheit ist suspendiert, es gibt nichts mehr zu lachen; doch wo das Lachen verstummt, endet auch das Begreifen. Wer, wenn nicht der Narr darf aber ein Teufel sein?
12 Kuba gehört zwar aus ökonomischer Notwendigkeit heraus dem Reich des Behemoth an, scheint mir jedoch das vielleicht letzte Land zu sein, das einem vierten Weltgeist entspricht: der Janus-köpfigen sozialistischen Welt, die in sich ungeheure „Möglichkeiten des Lichts“ (Bloch) mit tiefsten Abgründen der Inhumanität kreuzte, deren Opfer insbesondere auch das ukrainische Volk wurde. In Putins Reich erblicken wir in der Tat eine „Wiederkunft“ der Sowjetunion, doch allerdings nur ihrer „satanischen“ Züge, bar jedes höheren Hoffnungsgehalts. Dass den enttäuschten Völkern der Sowjetrepubliken jede Perspektive auf einen demokratischen Sozialismus – wie er in den 80ern und 90ern sowohl in Russland als auch in der Ukraine von vielen erstrebt wurde – verbaut wurde und in der Folge nur noch putinistischer Zynismus und naive „Westlerei“ übrigblieben, ist eine der entscheidenden tieferen Ursachen für die gegenwärtige Misere. Wie tief das kommunistische Projekt in seiner alten Heimat mittlerweile gesunken ist, bezeugt die unrühmliche Zustimmung der KPRF zum Angriffskrieg.
13 Dieser dritte große Elementargeist der altjüdischen Tradition ist weit weniger bekannt. In der neueren Philosophie war Nietzsche, der die „Vogel-Weisheit“ dieses Dämons am besten beschrieb (vgl. Also sprach Zarathustra, S. 291; III, sieben Siegel 7). Ziz steht für die „wirkliche Bewegung, die den bestehenden Zustand aufhebt“ (Marx/Engels), die sich in den Kämpfen dessen, was man einst „Proletariat“ nannte, und das man heute „Weltvolk“ nennen sollte, um dem Absterben des traditionellen Proletariats gerecht zu werden.
14 „Kein Hirt und Eine Heerde! Jeder will das Gleiche, Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in’s Irrenhaus“ (Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, S. 20; I, Vorrede 5
15 Man könnte, um Missverständnisse zu vermeiden, sogar vom „Weltpöbel“ sprechen, doch ich denke, es ist klüger, sich den Begriff des „Volkes“ wieder von links anzueignen anstatt ihn kampflos den Rechten zu überlassen. Ich möchte mit meiner Verwendungsweise an das „neue Volk“ anknüpfen, von dem Gustav Landauer sprach.
16 Dass diese Idee keinesfalls „fix“ oder gar „naiv“ ist, zeigen die entsprechenden Bewegungen in Frankreich und Großbritannien und die Massendesertationen in Russland. Der Zynismus unserer Intellektuellen basiert auf einer veralteten Ontologie, über die die Jünger des Ziz nur herzlich lachen können.
17 Vgl. meine kritische Auseinandersetzung mit diesem Konzept in Das Problem Europa. Überlegungen mit Friedrich Nietzsche. In: Andreas H. Apelt, Eckhard Jesse & Evelyna Schmidt (Hg.): Wohin strebt Europa? Halle 2019, S. 124–132.
18 Vgl. Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, S. 97–102; I, Von der schenkenden Tugend.
19 „Wir müssen wieder gute Nachbarn der nächsten Dinge werden und nicht so verächtlich wie bisher über sie hinweg nach Wolken und Nachtunholden hinblicken“ (Menschliches, Allzumenschliches, S. 551; II, Wanderer 16).
20 Vgl. Jewgeni Jewtuschenkos vertontes Gedicht Meinst du, die Russen wollen Krieg?, das heute – gerade auch angesichts der Verhetztheit guter Teile des russischen Volkes – so unerträglich traurig stimmt.
21 Friedrich Nietzsche: Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt. In: Studienausgabe Bd. 6. München 1999, S. 55–161; 106; Deutschen 4.
22 Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches, S. 678 f.; II, Wanderer 284.

4 Comments

  1. Hartmut Krause schrieb:

    Wo hier schon mal vom „Geisterkrieg“ die Rede ist…

    „Ich will Kobolde um mich haben, denn ich bin mutig. Mut, der die Gespenster verscheucht, schafft sich selber Kobolde, – der Mut will lachen.Ich empfinde nicht mehr mit euch: diese Wolke, die ich unter mir sehe, diese Schwärze und Schwere, über die ich lache – gerade das ist eure Gewitterwolke.“
    Nietzsche .. Also sprach Zarathustra

    Um Gespenster bzw. die Geister des Geisterkrieges zu verscheuchen braucht es vermutlich tatsächlich Mut. Und wäre es nicht tatsächlich mutig weder mit der vom Westen unterstützen Ukraine noch mit Putins Russlands zu empfinden? Diese beiden Wolken, die sich in einem Geisterkrieg zu einem Gewitter auftürmen. Ein Gewitter , das man unter sich sieht , diese Schwärze und Schwere, über die man einfach nur lacht. Nun ja .. wenn man denn nicht selbst in diesem Gewitter steht , nicht selbst im Geisterkrieg den Geistern ausgeliefert ist, ist gut lachen.

    Dienstag, 1. August 2023 um 09:45 Uhr | Permalink
  2. Sacco Machno schrieb:

    „weder mit der … Ukraine noch mit … Russland … empfinden?“

    Ein Kalter Krieger, eingefroren in den 70ern; könnte – heute aufgetaut – resümieren:
    die bessere Warschauer Pakt-Hälfte ist in der NATO; die andere bringt sich gegenseitig um.

    Problem – wie jetzt ?

    Wäre der Westen so Ostslawen-verachtend (aka: Gruppen-bezogen Menschen-verachtend) dann hätten weder die Kreml- noch die Kyjver Panama-papers Tiger einen „zu interessierenden Dritten“ (Werte-Westen vs. Xi/BRIC/S & Co.) zum „verwickeln“ (aka: entanglement, das ultimative No-no von George Washington, btw.) …

    als strategische Sponsoren in Aussicht.

    Ohne solch Sinn-suchende Sugar-daddies erschiene es nicht so verlohnend, den Trashcanistan*-Clusterfuck zu solch einer Shit-show aufzublasen.
    *Wortgebrauch der heutigen Freunde der Ukraine im Werte-Westen

    Freitag, 1. September 2023 um 11:35 Uhr | Permalink
  3. Sacco Machno schrieb:

    OMG, heute ist ja der ruhmreiche Weltkampftag der Friedenskräfte aus der bleiernen Zeit des Kalten Krieg …

    Schuld, Verantwortung, Werte mal dahingestellt:
    Wer ist (krasser) lebensfern/weltfremd?
    Oder: Kann es sein, dass das Böse (Autokraten über Asien & Afrika) aus dem Quark kommt, weil das Gute (wir) so grottenschlecht geworden ist?

    Donald Der Erste Rumsfeld sprach wg. des Irak von Polen und Ungarn als einem „Jungen Europa“ (gelegen zwischen Euroslerosis auf der Achse Schröder-Chirac und übel riechenden post-sow. Trashcanistans).
    Heute gelten Orbán/Polen als Autoritäre von Moskaus Gnaden, bzw. eigner bigotter Amaßung.

    Die seither klaffende Jungeuropa-Lücke im Osten wurde nun mit einem neuen, woken Saigon gefüllt mit Hiwis von den Wikingern, die Ernst machen mit einer spektakulär modernisierten Optik von Vietcong.

    Da kommt manch Bürger vom Balkon.

    Predatorische Potentaten machen global Front gegen einen woken Westen. Weil der Kreml böse mit Kyjv war und dabei auch noch zunächst bitter auf die Nase fiel.

    Kann es da einen noch farcenhafteren Abgang geben?

    Sollt man wohl fragen für die Gesammelten Werke und Tragödien der Gattung.

    Freitag, 1. September 2023 um 12:16 Uhr | Permalink
  4. mhn schrieb:

    Der Autor ist leider ein Feigling, Aber es ist nie zu spät zur Umkehr.

    Sonntag, 19. November 2023 um 11:59 Uhr | Permalink

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